Sehr geehrte Frau Trelle, sehr geehrte Redakteure und Mitarbeiter des WDR in Siegen, liebe Demo Teilnehmer und Siegener Bürger am Bahnhof,
heute möchte ich eine Rede von Gabriele Krone-Schmalz in Auszügen vortragen. Sie ist anerkannte Russland Kennerin und hat auf der Friedensdemo in Berlin am 25.11.2023 vor dem Brandenburger Tor gesprochen. Sie sagte:
„Das ungenierte Kriegsgeschrei kann ich so nicht hinnehmen und ich habe den Eindruck, dass sich die Mehrheit in unserer Gesellschaft, sogar die schweigende, weniger Kriegs-Rhetorik wünscht und dafür mehr ernstzunehmende diplomatische Aktivitäten. Das ist das Kerngeschäft von Politik. Waffenlieferungen sind eine Bankrotterklärung derselben. Es reicht nicht, einen militärischen Plan zu haben, ein politischer Plan ist das Entscheidende, und der fehlt, sowohl mit Blick auf Russland und die Ukraine als auch mit Blick auf Israel und den Nahen Osten. Es wird in Kategorien von Sieg und Niederlage gedacht und argumentiert. Es wird von Werte-geleiteter Außenpolitik gesprochen, die offenbar kein Problem damit hat, die zivilen Opfer, je nach Täter, unter Kriegsverbrechen oder Kollateralschaden zu verbuchen. Mir geht die Heuchelei gehörig auf die Nerven und auch immer Bekenntnisse abgeben zu müssen, bevor man auf den Punkt kommt. Natürlich ist der russische Angriff auf die Ukraine völkerrechtswidrig, ja und was folgt daraus, weitere Verbrechen, Rache, Vergeltung, wie du mir so ich dir. Der Kampf bis zum letzten Blutstropfen. Das lässt sich leicht fordern, wenn man nicht selbst an die Front muss. Dieser fatale Bekenntniszwang, der sowohl in der Politik als auch in den Medien üblich geworden ist, der verhindert eine sachorientierte Auseinandersetzung über die besten Wege, wie wir da wieder rauskommen., Klaus von Dohnanyi, der in den 80er Jahren erster Bürgermeister in Hamburg war, hat sinngemäß gesagt: Ja, der Krieg, den die Russen, angefangen haben, ist ein Verbrechen, aber dass der Westen ihn nicht verhindert hat, ist eine Sünde.
Aber es geht jetzt darum, die Ausweitung von Kriegen zu verhindern und bestehende Kriege zu beenden. Dass das nicht einfach ist, das weiß ich auch, aber es wird ja gar nicht erst versucht. Der politische Wille fehlt und die politische Analyse sowieso. Stattdessen gibt’s Ideologie und Moral und Gedankenspiele. Sogenannte Experten, wie jetzt in der Zeit, in denen Horrorszenarien ausgebreitet werden, für den Fall, dass Russland nicht besiegt wird. Verantwortungslose Angstmacherei von Leuten, die behaupten ganz genau zu wissen, was Putin denkt und will, und die sich in einer grenzenlosen Arroganz hinstellen und einen Mentalitätswechsel in unserer Gesellschaft fordern. Wir sind noch nicht kriegsbereit genug. Unsere Demokratie wird nicht in der Ukraine verteidigt, genauso wenig wie damals am Hindukusch. Das ist nur eine besonders hinterhältige Form, Kriegseinsätze zu rechtfertigen und einen moralisch unter Druck zu setzen. Der Kampf um unsere Demokratie findet nicht im Ausland statt, sondern innerhalb unserer Landesgrenzen. Und genau deshalb braucht es wieder eine starke Friedensbewegung. Die Menschen sollten sich nicht ins Boxhorn jagen lassen von den Salon-Intellektuellen, die von Lumpen-Pazifisten reden und auch nicht davon als gefallene Engel bezeichnet zu werden. Es gibt in der Geschichte genug Figuren, die bewiesen haben, dass Gewaltfreiheit, intelligentes Selberdenken und Mut sich dem entgegenzustellen, was man mit dem eigenen Gewissen nicht vereinbaren kann. Das hat letztlich zu besseren Lösungen geführt als das Kriegsgeschrei derjenigen, die sich stets auf der moralisch richtigen Seite wähnen. Ich hätte ehrlich nie gedacht, dass ausgerechnet in unserem Land die Hartliner und Scharfmacher so viel Gehör finden. Vielleicht liegt ein Grund darin, dass vielen von denen aufgrund ihres Alters, oder besser gesagt aufgrund ihrer Jugend, die eigene Erfahrung fehlt, was Krieg bedeutet. Das ist keine aseptische Joystick Operation, die Punkt genau militärische Ziele ohne Menschen trifft. Krieg, ganz gleich welcher, ist Barberei, Krieg ist das Kriegsverbrechen. Ich würde mir wünschen, dass junge Menschen, die mit ihrem Engagement im Kampf gegen den Klimawandel Gesellschaften weltweit aufgerüttelt haben, dass die das Thema Frieden entdecken und sich dafür mit der gleichen Kraft einsetzen. Über die Meinungen, wie man das dann konkret im Einzelnen macht, darf und muss gestritten werden, aber doch angstfrei und respektvoll und natürlich Fakten-basiert. Denn Propaganda können Sie alle. Das ist kein Privileg Moskaus. Menschen, die sich wehren, müssen mutiger werden, mutig in dem Sinne, dass sie gegen all das argumentieren können, was in unserem Demokratischen
System nichts zu suchen hat. Es wird Zeit, dass der Kampf um Frieden und politische Pläne, nicht militärtaktische, dass der in die Mitte der Gesellschaft zurückkehrt und nicht an irgendwelche Ränder abgedrängt wird. Was die Bürger der DDR damals geschafft haben, das sollten wir im vereinten Deutschland doch vielleicht auch hinkriegen, auf friedliche Weise den politisch Verantwortlichen klar machen, dass dieses Konfrontationsdenken in die Sackgasse führt. Das hatten wir doch alles schon mal. Und ich möchte mich nicht auf das Glück verlassen, dass wir im Kalten Krieg mehrfach hatten, das Glück, mit dem uns ein heißer Krieg erspart geblieben ist. Den Druck von unten, den sollte man nicht geringschätzen. Michael Gorbatschow, der Architekt von Entspannung und Abrüstung und der Mann, dem wir im Wesentlichen die deutsche Vereinigung zu verdanken haben, das vergisst man alles so schnell, Michael Gorbatschow hat immer wieder die Rolle der Öffentlichkeit betont. Die Stimme der Friedensbewegung gegen Krieg und Atomwaffen war eine starke und diese Stimme wurde gehört. Und dann ist alles zu selbstverständlich geworden. Wir alle müssen uns der Verantwortung bewusstwerden, die man als sogenannt mündiger Bürger in einem demokratisch verfassten Staat hat. Mündige Bürger sind nämlich systemrelevant. Sie müssen so gut wie möglich Bescheid wissen. Sie müssen Stellung beziehen, also entscheiden. Sie müssen die Konsequenzen ihrer Entscheidung überblicken und dafür dann auch die Verantwortung übernehmen. Das ist eigentlich simpel aber irgendwie aus dem Blickfeld geraten. Es ist an der Zeit, dass die schweigende Mehrheit sieht, wie wichtig es ist, sich zu Wort zu melden, sich nicht mundtot machen zu lassen und sich mit aller Kraft dafür einzusetzen, was bislang bei uns selbstverständlich schien. Nämlich: Frieden!!“frfr5rrerdrdrdrre
Es wäre schön, wenn solche Reden auch im ÖRR verbreitet würden, danke!